Drei Personen in Schutzkleidung stehen vor Waben, die entnommen wurden.
Veröffentlicht am: 05.09.2023|Kategorien: Veterinärwesen und Verbraucherschutz|

Viele helfende Hände unterstützen bei der Bienen-Rettung in Lich

Bekämpfung der Amerikanischen Faulbrut: 90 Völker wurden saniert / Sperrbezirk bleibt weiter bestehen

Lauge, Feuer und viele helfende Hände zur Rettung von fast 90 Bienenvölkern: Das Veterinäramt des Landkreises Gießen hat gemeinsam mit Freiwilligen der heimischen Imkervereine, Bienensachverständigen und Fachleuten aus ganz Hessen die Amerikanische Faulbrut in Lich bekämpft. Mehr als 80 Personen waren während der groß angelegten Aktion im Einsatz. Dabei wurden die befallenen Bienenvölker von kontaminierten Waben getrennt, Bienenbehausungen und Gerätschaften desinfiziert oder unschädlich entsorgt.

Amerikanische Faulbrut (AFB) ist eine für Menschen ungefährliche, für Bienen aber hochansteckende Seuche. Sie ist anzeigepflichtig und kann zum Tod ganzer Bienenvölker beitragen. Nachdem sie bei einigen Bienenvölkern in und um Lich festgestellt worden war, hatte das Veterinäramt des Landkreises Gießen dort einen Sperrbezirk eingerichtet und die Bekämpfung angeordnet.

Befallene Bienenvölker wurden nun saniert: Fachkundige Teams trennten die Bienen von den Waben und Beuten – so die Bezeichnung für Bienenbehausungen. Nach einer bestimmten Wartezeit werden die Bienen in den kommenden Tagen in neue oder desinfizierte Beuten gesetzt.

Material wird gründlich desinfiziert

Die Sanierungsaktion ist aufwändig und erfordert nicht nur Material, sondern vor allem fachkundige Menschen, die bei der körperlich anspruchsvollen Arbeit anpacken: Dutzende Bienenvölker mussten unter den nötigen Schutz- und Hygienevorkehrungen umlogiert, Material in Desinfektionswannen mit heißer Natronlauge oder per Gasflamme gereinigt werden. Viele Freiwillige waren auch damit beschäftigt, Beutenteile und Geräte vor der Desinfektion von kontaminiertem Wachs und Kittharz zu befreien. Anderes Material wurde in einer extra ausgehobenen Brandgrube vernichtet. Fachliche Beratung erhielt das Veterinäramt vom hessischen Bieneninstitut in Kirchhain, das die Aktion mit koordinierte und begleitete. Im Einsatz war auch das Bienenseuchenmobil des Landesverbands Hessischer Imker.

Mehrere Personen desinfizieren und reinigen in Schutzanzügen Gegenstände.
Gelbe Boxen, die nebeneinander auf einer Wiese stehen: sogenannte Kunstschwarmboxen.

Ein großes Dankeschön gilt allen Helferteams, vor allem den vielen Freiwilligen aus den heimischen Imkervereinen und den Bienensachverständigen, die seit Wochen das Veterinäramt unterstützen, dies erklären Christian Zuckermann, Dezernent für Veterinärwesen des Landkreises Gießen, und Dr. Stefanie Graff, Leiterin des Fachdienstes Veterinärwesen und Verbraucherschutz. Sie danken ebenso der Stadt Lich, die das Gelände ihres Bauhofes zur Verfügung stellte und die Brandgrube.

Weiterhin Regelungen im Sperrbezirk beachten

Der durch das Veterinäramt eingerichtete Sperrbezirk rund um Lich bleibt bis auf Weiteres bestehen. Die von der AFB betroffenen Bienenstände werden nach einer bestimmten Zeit erneut untersucht, um festzustellen, ob noch Erreger nachgewiesen werden können. Weiterhin gilt: Innerhalb des Sperrbezirks dürfen keine Bienenvölker verstellt werden, es dürfen weder Bienenvölker in das Gebiet hineingebracht noch hinausgebracht werden.

Bienenhaltung immer dem Veterinäramt anzeigen

Wer Bienen hält, ist grundsätzlich verpflichtet, diese Haltung dem Veterinäramt anzuzeigen – nur so kann im Fall eines Krankheitsausbruchs schnell und effektiv gehandelt werden. Die entsprechenden Unterlagen sind in dem Bereich Formulare und Downloads zu finden.

Info: Amerikanische Faulbrut

Amerikanische Faulbrut – kurz AFB – wird von Bakterien übertragen. Diese bilden extrem widerstandsfähige Sporen, die über Jahre aktiv bleiben können. AFB lässt die Larven der Honigbienen absterben und kann so den Tod ganzer Bienenvölker verursachen. In befallenen Völkern sind die Sporen in Futter, Honig und Wachs enthalten. Weil die Vorräte geschwächter Völker durch andere Bienenvölker ausgeräubert werden, besteht ein hohes Risiko der Übertragung.

FAQ zum Ausbruch der Amerikanischen Faulbrut

Warum ist die Amerikanische Faulbrut (AFB) für Bienen gefährlich?

Die Amerikanische Faulbrut (AFB) ist eine anzeigepflichtige Tierseuche. Sie wird durch Bakterien übertragen. In befallenen Völkern zersetzen diese die Brut und können so bei starkem Befall zum Zusammenbruch des Bienenvolkes führen. Sporen des Erregers verbreiten sich über Honig und Futter weiter. Weil gerade im Spätsommer die Vorräte geschwächter Bienenvölker häufig durch starke Völker ausgeraubt werden, besteht so ein Risiko der Verschleppung von einem infizierten Bienenvolk in andere Völker.

Ist AFB auch für Menschen gefährlich?

Nein. Sie stellt jedoch eine erhebliche Gefahr für Bienenvölker dar.

Welches Gebiet ist betroffen?

Betroffen ist ein Gebiet in der Gemarkung der Kernstadt Lich und der Stadtteile Arnsburg und Birklar. Hier hat das Veterinäramt einen Sperrbezirk eingerichtet, in dem nun besondere Vorsichtsmaßnahmen gelten. Eine Karte findet sich unter folgendem Link: t1p.de/d0poh.

Was müssen Imker im betroffenen Gebiet nun beachten?

Wer innerhalb des Sperrbezirks Bienen hält und seit dem 28. Juli noch nicht durch das Veterinäramt oder einen Bienensachverständigen im Auftrag des Veterinäramtes kontaktiert wurde, muss sich umgehend beim Veterinäramt melden – per E-Mail an poststelle.avv@lkgi.de oder Telefon (0641) 9390 6200. Von allen Bienenständen im betroffenen Gebiet werden Futterkranzproben entnommen, die labordiagnostisch untersucht werden.

Weitere Bestimmungen:

  • Es dürfen keine Bienenvölker aus der Schutzzone herausgebracht werden.
  • Es dürfen keine Bienenvölker in die Schutzzone hineingebracht werden.
  • Bienenvölker dürfen innerhalb der Schutzzone nicht verstellt werden.
  • Wachs, Waben, Wabenteile und Wabenabfälle dürfen nur an andere abgegeben werden – etwa an wachsverarbeitende Betriebe außerhalb der Schutzzone – wenn sie als „Seuchenwachs“ gekennzeichnet sind und die Abnehmer über Vorrichtungen verfügen, das Wachs zu entseuchen. Es reicht nicht aus, das Wachs nur einzuschmelzen.
  • Grundsätzlich – unabhängig von den aktuellen Restriktionen – dürfen niemals leere Bienenbehausungen offenstehen und für Bienen zugänglich sein. Waben und Futtervorräte müssen immer für Bienen unzugänglich und verschlossen gelagert werden.

Woran ist zu erkennen, ob ein Bienenvolk infiziert ist?

Klassische Anzeichen von AFB sind eingefallene Brutzellen auf Waben, lückige Brutflächen und zersetze Brut, die nach der sogenannten Streichholzprobe braune, schleimige Fäden zieht. Je nach Erregertyp und Stadium können aber auch Bienenvölker befallen sein, ohne dass diese Symptome auftreten. Aufschluss gibt nur die Untersuchung im Labor. Dafür sind Futterkranzproben nötig, die Bienensachverständige der Imkervereine im Auftrag des Veterinäramtes entnehmen.

Was ist rund um Honig-Verkauf und Verzehr zu beachten?

Honig von Bienen aus dem betroffenen Gebiet darf verkauft bzw. abgegeben werden. Er kann ohne Bedenken verzehrt werden. Honig darf aber auf keinen Fall an Bienenvölker verfüttert werden.

Was geschieht mit befallenen Bienenvölkern?

Befallene Bienenvölker werden nach Abstimmung im Einzelfall mit allen Beteiligten saniert, um den Erreger loszuwerden. Das bedeutet: Im sogenannten Kunstschwarmverfahren werden die Bienen von kontaminierten Waben getrennt und nach einer bestimmten Wartezeit in desinfizierten Beuten (Bienenbehausungen) auf neuen Mittelwänden einlogiert. Beuten und Gerätschaften betroffener Imkereien müssen parallel mit geeigneten Methoden desinfiziert und gereinigt, alte Rähmchen vernichtet werden.

Was ist eine Futterkranzprobe?

Die Futterkranzprobe ist eine diagnostische Methode, um Faulbrutsporen frühzeitig im Bienenvolk nachweisen zu können. Hierzu wird eine Probe aus dem sogenannten Futterkranz des Volkes gezogen. Dieser dient in einem Bienenstock zur Ernährung der Bienenbrut und liegt wie ein Kranz um das Brutnest der Bienen. Die Futterkranzproben werden in Abstimmung mit dem Veterinäramt durch Bienensachverständige (BSV) gezogen und an ein Labor zur Diagnostik versendet.

Was macht ein Bienensachverständiger (BSV)?

Bienensachverständige sind erfahrene Imkerinnen und Imker, die umfangreiche imkerliche Kenntnisse und Fertigkeiten besitzen und vom Veterinäramt zur Unterstützung bei der Feststellung und Bekämpfung von Bienenseuchen berufen werden. Zum BSV kann berufen werden, wer den Ausbildungslehrgang zum BSV mit Abschlussprüfung erfolgreich absolviert hat. Zu dem Ausbildungslehrgang kann nur zugelassen werden, wer eine mindestens fünfjährige Imkerpraxis vorweisen kann und einen Bienenkrankheitslehrgang absolviert hat. Die BSVs müssen zum Erhalt der Bestellung ihre Kenntnisse spätestens alle drei Jahre durch Teilnahme Lehrgängen auffrischen.

Was geschieht, wenn Verantwortliche von Bienenhaltungen den Regeln nicht nachkommen?

Imkerinnen und Imker sind nach der Bienenseuchenverordnung zur Mitwirkung verpflichtet. Verstöße können als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen bis zu 30.000 Euro geahndet werden.

Weitere Informationen rund um Bienengesundheit gibt das hessische Bieneninstitut in Kirchhain.

AKTUELLES
KATEGORIEN
ARCHIVE