Für mehr Gemeinsamkeit und weniger Barrieren im Alltag
Projekt „Inklusiver Landkreis“ lädt zum Mitmachen ein – auf digitaler Beteiligungsplattform und vor Ort in vier Modellkommunen
Für viele Menschen ist der Zugang zu alltäglicher Versorgung und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben mit Schwierigkeiten verbunden: Da ist die alleinlebende, hochbetagte Frau, die nicht mehr Auto fährt. Sie lebt im Dorf, die Kinder berufsbedingt weit entfernt. Immer mehr ist sie bei Dingen im Alltag auf Hilfe angewiesen. Wie kommt sie zum Supermarkt und zur Bankfiliale in den Nachbarort, wie zur Arztpraxis in die Stadt? Wer unterstützt bei Formularen und Behördenangelegenheiten?
Da ist der ältere Mann mit beginnender Demenz. Seine Frau kümmert sich nach Kräften um ihn, aber sie ist selbst schon über 80 und mit Vielem überfordert. Hinzu kommen Treppen und Stufen im öffentlichen Raum, Barrieren an Haltestellen, Bussen und Bahnen, Hindernisse auf Gehwegen, welche die Selbstständigkeit von Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigungen erschweren.
Neben solchen sichtbaren Barrieren gibt es auch weniger offensichtliche: Zum Beispiel droht Einsamkeit, wo Möglichkeiten der Begegnung mit anderen Menschen fehlen. Manchmal mangelt es schlicht an Angeboten oder es existieren keine geeigneten Räume. Für Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen mag das Zusammenkommen mit anderen an sich schon eine Hürde darstellen.
„Als Gesellschaft müssen wir uns fragen, wie wir dafür Sorge tragen können, dass alle Menschen die Chance haben, am sozialen Leben teilzunehmen, möglichst selbstbestimmt zu leben und auch im Alter am gewohnten Lebensort bleiben zu können“, sagt Sozialdezernent Frank Ide. Soziale Teilhabe verbessern und Bedingungen schaffen, die mehr Gemeinsamkeit ermöglichen – dies sei eine wichtige Aufgabe der Politik. Daher habe der Landkreis Gießen das Projekt „Inklusiver Landkreis“ ins Leben gerufen. Hauptsächlich Menschen im Alter und mit Behinderung sollen von dem Projekt profitieren. Grundsätzlich soll der Abbau von Barrieren im Alltag aber allen Menschen zu Gute kommen.
Landkreis und Kommunen rufen zur Beteiligung auf
Für die Koordination des Projekts ist Dr. Michaela Fink vom Fachdienst Soziales und Senioren des Landkreises verantwortlich: „Angesichts aktueller Krisen begreifen immer mehr Menschen, dass die Frage, was wir eigentlich alles selbst tun können, neu auf den Tisch kommt. Und darin liegen auch Chancen für unsere Gesellschaft – die Möglichkeit für einen Aufbruch zu mehr Gemeinsamkeit.“ Um Probleme zu erkennen, Initiativen zu fördern und schließlich konkrete Empfehlungen an die Kreispolitik zu richten, setzt Dr. Fink auf die Beteiligung der Bürger:innen im Landkreis Gießen. Dafür hat sie eine leicht zugängliche Ideenbox entwickelt: Vorschläge aus der Ideenbox können zukünftig in die Teilhabe- und Altenplanung des Landkreises einfließen. Damit die Ideenbox möglichst viele Menschen erreicht, steht sie für alle Bürger:innen ab sofort auf der digitalen Beteiligungsplattform des Landkreises unter seimitdabei.lkgi.de bereit.
Start der Ideenbox in Biebertal ist am 26. März
Neben dieser digitalen Ideenbox gibt es auch eine ganz analoge Box, die ihre Reise vor Ort in den vier Modellkommunen Biebertal, Langgöns, Lich und Lollar antritt. Zunächst sind die Biebertaler Bürger:innen gefragt, ihre Vorschläge in die Ideenbox einzuwerfen. Die Eröffnung der Aktion findet am 26. März im Rathaus in Rodheim-Bieber statt. Hier werden Dr. Fink und Bürgermeisterin Patricia Ortmann zwischen 14 und 15 Uhr für Fragen zur Verfügung stehen. Anschließend wechselt die Ideenbox einen Monat lang regelmäßig ihren Standort in Biebertal. Die verschiedenen Orte können auf der Internetseite der Gemeinde eingesehen werden. Die Ergebnisse der Aktion sollen während eines öffentlichen Dialogs mit Bürger:innen am 26. April im Bürgerhaus Rodheim-Bieber diskutiert werden.
Bürgermeisterin Ortmann hofft auf eine rege Beteiligung der Biebertaler Bevölkerung: „Ermöglicher, Macher und Menschen mit Herz – all das haben wir auch in Biebertal. An dieses beeindruckende Engagement gilt es anzuknüpfen, Initiativen zu stärken und weitere anzustiften. Es wäre schön, wenn es gelingen könnte, engagementbereite Menschen mit Ideen und Bedarfen zu verknüpfen. Was wir brauchen sind nachhaltige Strukturen, nicht kurzlebige Projekte. Als Kommune müssen wir überlegen, wie wir die zivilgesellschaftlichen Kräfte stärken können.“
Weitere Informationen zu dem Projekt „Inklusiver Landkreis“ können nachgelesen werden unter www.lkgi.de/inklusiver-landkreis. Projektbeauftragte Dr. Michaela Fink beantwortet gerne Fragen unter der Telefonnummer 0151 65587925 oder per E-Mail an projekt-inklusiver-landkreis@lkgi.de.