Da sein für Menschen in Pflegeheimen
Auf Initiative von Landkreis und Diakonie hat die KVHS den ersten Bildungsurlaub „Lebensbegleitung“ angeboten
Familienleben und Beruf, persönliche Interessen, Lebensereignisse mit Momenten von Not und von Glück – in Pflegeeinrichtungen treffen betagte Menschen mit unterschiedlichsten Biografien aufeinander, die sie geprägt haben. Was brauchen sie, um in diesem Lebensabschnitt angemessen begleitet und unterstützt zu sein?
Diese Frage stand im Mittelpunkt eines neuen Bildungsurlaubs, den in diesem Frühjahr erstmals die Kreisvolkshochschule (KVHS) des Landkreises Gießen in Lich angeboten hat: Elf Interessierte haben sich qualifiziert, um ehrenamtlich eine Lebensbegleitung für alte Menschen zu übernehmen – um zum Beispiel mit ihnen Zeit zu verbringen, ihnen zuzuhören und sich zu unterhalten, mit ihnen zu spazieren oder Unternehmungen zu machen. „Lebensbegleitung für Senioren – Sorgearbeit im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher Relevanz und Anerkennung“ heißt der Titel des Angebots, das in einer gemeinsamen Initiative von Landkreis Gießen und Diakonie entstand.
Für viele der elf Teilnehmenden war ein persönliches Schlüsselerlebnis der Grund, sich anzumelden – etwa der letzte Lebensabschnitt und Tod eines nahen Menschen. Ein Teilnehmer betreute während des Zivildienstes ältere Menschen: Es sei eine wertvolle Erfahrung und Tätigkeit gewesen, bei der ihm die Menschen viel zurückgegeben hätten.
Fünf Tage lang beschäftigten sich die Teilnehmenden mit der Lebenswelt betagter Menschen in Senioren- und Pflegeeinrichtungen und waren auch in Einrichtungen vor Ort. Der Verlust der Selbstständigkeit, Einsamkeit, körperliche Einschränkung und Angst vor dem Tod gehörten ebenso zu den Themen wie rechtliche Grundlagen und pflegerische Aspekte. Und nicht zuletzt: Das eigene Verarbeiten des Erlebten.
„In der Corona-Pandemie stand die Situation alter Menschen in Pflegeheimen plötzlich im Interesse von Medien und Öffentlichkeit. Mittlerweile ist es wieder still darum geworden“, sagt Christa Hofmann-Bremer, Leiterin der Altenhilfe-Einrichtungen der Diakonie in Gießen und Linden. „Die individuellen Bedürfnisse der Menschen, ihre Nöte und Wünsche bestehen aber weiterhin.“
Die Idee kam aus dem regelmäßigen Austausch in der Pandemie
Die Idee des Bildungsurlaubs ist durch den regelmäßigen Austausch des Landkreises Gießen mit den Pflegeeinrichtungen entstanden, zu dem Landrätin Anita Schneider in der Pandemie eingeladen hatte. „Das Thema Pflegebedürftigkeit betrifft alle“, sagt Landrätin Schneider: „Viele Menschen sind in ihrem Alltag von heute auf morgen damit konfrontiert, dass Angehörige sich nicht mehr selbst versorgen können und Platz in einer Einrichtung benötigen. Wir möchten Menschen sensibilisieren und für ein Engagement in der Unterstützung gewinnen. Wir können einen Beitrag leisten, indem wir Angebote zur Qualifizierung von Interessierten bieten.“
Für die KVHS selbst ist die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten nach Bedarf vor Ort eine Kernaufgabe, erklärt deren Leiter Torsten Denker. „Darum haben wir gerne das neue Angebot des Bildungsurlaubs zur Lebensbegleitung geschaffen.“ Es knüpft an frühere Kurse an, in denen engagierte Menschen für unterstützende Tätigkeiten in der Pflege zur Entlastung der Heime in der Pandemie qualifiziert wurden.
Weitere Auflagen des Bildungsurlaubs sind geplant. Beschäftigte in Hessen haben jährlich Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub. Weitere Informationen zu den entsprechenden Angeboten der Volkshochschule des Landkreises Gießen gibt es unter www.vhs-kreis-giessen.de, Telefon 0641 9390-5700, E-Mail: kvhs.giessen@lkgi.de