Einen passenden Beruf zu finden, ist eine wichtige Aufgabe, vor der nicht nur junge Menschen stehen. Auch Zugewanderte oder Menschen, die sich neu orientieren, brauchen mitunter Unterstützung, um auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich Fuß fassen zu können. Der Landkreis Gießen und seine Partner helfen dabei mit unterschiedlichen Projekten, die auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnitten sind.
Ausbildungs- und Arbeitsmarktstrategie für den Landkreis Gießen
Die Ausbildungs- und Arbeitsmarktstrategie für den Landkreis Gießen wurde 2015 gemeinsam mit den Akteuren der Sozialpartner, den Kammern und Verbänden, Trägern und einem Team der Verwaltung entwickelt. Aufbauend auf Folgeworkshops in 2017 wurde die Strategie bis zum Frühjahr 2018 aufgearbeitet und fortgeschrieben.
Mit der 2020/2021 erneut fortgeschriebenen Ausbildungs- und Arbeitsmarkstrategie für den Landkreises Gießen wird ein Planungszeitraum bis zum Jahr 2025 beschrieben. Die Strategie soll zu einer stabilen Entwicklung der regionalen Wirtschaftskraft beitragen und dabei vorhandene Planungen und Konzepte mit einbeziehen. Mit der Fortschreibung geht auch der Wunsch einher, dass die Strategie und ihre Inhalte im Bewusstsein aller Akteure präsenter ist als bisher.
Beteiligt sind neben dem Landkreis Gießen Vertreterinnen und Vertreter des örtlichen Jobcenters, der Agentur für Arbeit, der Kommunen, des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), der Industrie- und Handelskammer Gießen-Friedberg (IHK), der Kreishandwerkerschaft, des Verbandes der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen, des Staatlichen Schulamtes, des Technologie- und Innovationszentrums Gießen, der Regionalkoordination OloV und der Bildungs- und Projektträger ZAUG gGmbH, Jugendwerkstatt Gießen e.V. und IJB gGmbH, Caritas e.V. sowie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.
Übergreifendes Ziel ist die Vernetzung aller relevanten Akteure. Die in der Strategie beschriebenen Zielbereiche sollen für die jeweils eigenen Handlungsfelder sondiert und nach Möglichkeit übertragen werden. Bestehende Arbeitszusammenhänge sollen genutzt werden, um in den jeweiligen Institutionen eigene Ziele zu definieren und geeignete Maßnahmen für deren Erreichung zu initiieren. Diese sollen sowohl zur Unterstützung der Ausbildung, Weiterbildung, Qualifizierung und Beschäftigung aller erwerbsfähigen und -tätigen Menschen als auch zum Halten von hochqualifizierten Arbeitskräften im Landkreis Gießen entwickelt werden.
Für folgende Schwerpunktthemen werden in der Ausbildungs- und Arbeitsmarktstrategie zentrale Handlungsfelder und Strategieziele beschrieben:
- Bildung und Ausbildung
- Weiterbildung und Qualifizierung
- Integration und Soziales
- Wirtschaft und Arbeitsmarkt
„Keiner geht verloren“
Der Übergang von der Schule in den Beruf fällt nicht allen gleich leicht. Unter dem Motto „Keiner geht verloren“ engagiert sich der Landkreis Gießen in Kooperation mit der Agentur für Arbeit, diesen für alle Schülerinnen und Schüler erfolgreich zu gestalten. Gleichzeitig soll die duale Ausbildung als attraktiver Weg in ein erfolgreiches Berufsleben gestärkt werden. Umgesetzt wird dies für die beteiligten Schulen im Auftrag durch die ZAUG gGmbH sowie in deren Auftrag vom Institut für Berufs- & Sozialpädagogik e.V aus Pohlheim.
Der begleitete Prozess der Berufsorientierung soll Schülerinnen und Schüler systematisch darin unterstützen, ihre Stärken und Interessen zu erkennen und weiterzuentwickeln, praxisnahe Einblicke in die Berufs- und Arbeitswelt zu erhalten sowie Anschlussmöglichkeiten zielgerichtet in den Blick zu nehmen. Ziel ist es, die individuelle Entscheidungskompetenz der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu stärken und ihnen den Übergang in eine berufliche Existenz zu erleichtern.
Dieser Prozess kollidiert allzu oft mit dem Umstand, dass Unterricht und Wissensvermittlung der zentrale Kern von Schule ist, gleichzeitig Schule aber auch Dreh-und Angelpunkt beruflicher Orientierung ist. Erfahrungen und Bedarfsmeldungen von Schulen zeigen, dass im Rahmen der Arbeitslehre zu wenig Raum für einen nachhaltigen Berufsorientierungsprozess vorhanden ist. In vielen Elternhäusern der zur Zielgruppe gehörenden Schülerinnen und Schüler gibt es häufig nur eingeschränkte Kenntnisse über die immer komplexer werdenden Möglichkeiten des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes oder sie werden nicht ausreichend in der Familie kommuniziert.
Mit Berufsorientierungsmaßnahmen als frühzeitigen Impuls im Rahmen des Projektes „Keiner geht verloren“ können bereits innerschulisch und sozusagen primärpräventiv die richtigen Weichen für den nachfolgenden Schritt auf dem Weg in eine berufliche Perspektive gestellt werden. Das vermeidet unnötige Warteschleifen nach Schulzeitende. Das Angebot einer Berufsorientierungsmaßnahme (BOM) im Landkreis Gießen gibt es bereits seit 2013 und es wird inzwischen an acht Schulen (ARS Pohlheim, CBES Lollar, Gesamtschule Buseckertal, Gesamtschule Gleiberger Land, AFS Linden, Gesamtschule Lumdatal, Gesamtschule in Hungen und DBS in Lich) kontinuierlich umgesetzt.
Das Projekt wird aus Mitteln des Ausbildungsbudgets des Landes Hessen (Hessisches Ministerium für Soziales und Integration), der Agentur für Arbeit und des Landkreises Gießen finanziert.
Dreisprung zu Ausbildung
2016 hat der Landkreis Gießen das Arbeitsmarkt-Integrationsprojekt „Dreisprung zur Ausbildung – Berufseinstieg von Geflüchteten“ initiiert. Bei diesem Modell stand das Frankfurter Großunternehmen Samson AG Pate.
Mit „Dreisprung zur Ausbildung – Berufseinstieg von Geflüchteten“ werden Flüchtlinge in einem mehrstufigen Verfahren an die betriebliche Arbeitswelt herangeführt, um ihnen schließlich eine duale Ausbildung zu ermöglichen. Aber nicht die gestuften Phasen alleine sind das entscheidende Kriterium, sondern das, was in den einzelnen Abschnitten passiert. Unabdingbar sind ein über das normale Maß hinaus gehendes Engagement der Betriebe und das Mitgehen der Belegschaft.
Zunächst werden die infrage kommenden Flüchtlinge aus Arbeitsmarktprojekten der ZAUG gGmbH sowie aus dem Kundenbestand des Jobcenters und der Agentur für Arbeit ausgewählt. Sie absolvieren Interviews und einen Kompetenztest. Entsprechend ihrer Eignung werden sie dann den betrieblichen Berufsbildern zugeordnet und den Unternehmen mit einem Kurzprofil empfohlen. Die Unternehmen lernen die Kandidaten individuell kennen, machen sie mit dem Betrieb vertraut und verschaffen sich einen Eindruck. Im Idealfall wird daraufhin ein Praktikumsvertrag über rund drei Monate abgeschlossen.
Dieses Praktikum ist der erste Sprung und versteht sich als Erprobungsphase im Unternehmen. Ergänzt wird es mit berufsspezifischer Förderung und erweitertem Sprachtraining durch die ZAUG gGmbH.
Ist das Praktikum erfolgreich absolviert, schließt sich mit der Fördervertragsphase der zweite Sprung an. Während dieses Zeitraumes von mindestens sechs Monaten werden die Kandidatinnen und Kandidaten in den innerbetrieblichen Ausbildungsablauf integriert. Sie nehmen bereits informell am Berufsschulunterricht teil und werden zudem sozialpädagogisch begleitet.
Nach positivem Abschluss der Fördervertragsphase folgt der dritte Sprung: die reguläre duale Ausbildung.
Auch nach Ausbildungsbeginn wird auf Wunsch der Betriebe eine nachgehende sozialpädagogische Betreuung durch beteiligte Bildungsträger bis zur endgültigen Verselbständigung sichergestellt.
Von den beteiligten Institutionen wird gewährleistet, dass ausländer- und leistungsrechtliche Fragen geklärt sind bzw. zu erwartende Fragen aus dem Weg geräumt werden.