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Zufallsbild aus dem Landkreis Giessen

Gesundheit Tiere Newcastle

Die Newcastle-Krankheit (Newcastle Disease, ND, atypische Geflügelpest) ist wie die klassische Geflügelpest (aviäre Influenza, ugs. Vogelgrippe) eine hoch ansteckende Viruserkrankung mit teils schweren Krankheitsverläufen. Sie lässt sich in Ablauf und Erscheinungsbild kaum von der Geflügelpest unterscheiden.

 

Newcastle Disease kommt weltweit vor und in Europa letztmalig - im Jahr 2018 in Luxemburg und in Belgien. Betroffen waren sowohl Hobbyhaltungen als auch kommerzielle Geflügelhaltungen.

 
Vorbeugung:


In Deutschland müssen alle Hühner und Truthühner regelmäßig gegen die Newcastle Krankheit geimpft werden. Dies gilt auch für Hobbyhaltungen von ein oder zwei Tieren. Die Newcastle Krankheit kann selbst in kleinsten Geflügelhaltungen zur Gefahr für ganze Regionen werden.


Idealerweise sollte mit der Impfung bereits im Kükenalter begonnen werden, um eine ausreichende Immunität zu erreichen. Die Tiere sollten entsprechend der Gebrauchsanweisung des Impfherstellers grundimmunisiert werden. Entsprechend der Dauer der Immunität muss in regelmäßigen Abständen nachgeimpft werden.


Die derzeit auf dem Markt vorhandenen Lebendimpfstoffen lassen sich sowohl über das Trinkwasser als auch in Form eines Sprays anwenden. Auf diese Art und Weise können zeitgleich viele (alle) Tiere geimpft werden. Aber auch Impfstoff zur Einzeltierbehandlung ist erhältlich, der in Tropfenform in die Augen und Nasenlöcher der Tiere eingegeben wird. Inaktivierte Impfstoffe müssen mit der Nadel verabreicht werden.


Grundsätzlich sind Tierimpfstoffe nur von Tierärzten anzuwenden. Ausnahmen gibt es für gewerbs- und berufsmäßige Tierhalter. Seit April 2020 dürfen Lebendimpfstoffe gegen ND, die über das Trinkwasser verimpft werden, auch an Hobbyhalter abgegeben werden. Voraussetzungen hierfür sind:

  1. Der abgebende Tierarzt betreut den Bestand regelmäßig, inkl. Beratung und vierteljährliche Untersuchung des Bestandes.
  2. Der Tierarzt unterweist den Tierhalter über die Anwendung, Risiken und Nebenwirkungen des Impfstoffes.
  3. Der Tierarzt händigt dem Tierhalter einen Anwendungsplan aus, inkl. Informationen über Bezeichnung des Mittels, den pharmazeutischen Unternehmer, die Anwendungszeitpunkte, die Anzahl und Bezeichnung der zu behandelnden Tiere, Lagerungshinweise sowie Zeitplan der Kontrollen.
  4. Der Tierarzt stellt die Notwendigkeit der Impfung fest und untersucht die Tiere vor der erstmaligen Anwendung auf Impffähigkeit. Der Tierarzt kontrolliert die Tiere gemäß Anwendungsplan auf Impfreaktionen.
  5. Es darf nur eine Menge Impfstoff abgegeben werden, die bis zur nächsten vierteljährlichen Kontrolle ausreicht.

 

Der Tierhalter führt Aufzeichnungen über das Mittel, inkl. Chargennummer und den Zeitpunkt der Anwendung, sowie die betroffenen Tiere.
Der Tierarzt zeigt die erstmalige Abgabe des Impfstoffes inkl. Anwendungsplan bei der zuständigen Veterinärbehörde an. Die erneute Abgabe ist der Behörde kalenderjährlich formlos mitzuteilen.

Eine Stellungnahme der StIKoVet zur ND-Pflichtimpfung von Geflügel in Hobbyhaltungen mit ausführlichen Informationen finden Sie hier.
Zum Nachweis der durchgeführten Impfung ist bei der Lebenduntersuchung des Geflügels für die Schlachtung die Impfbescheinigung der erfolgten Impfung vorzulegen.

 
Übertragung:

Die ND ist außerordentlich ansteckend. Sie befällt hauptsächlich Hühner und Truthühner, Wildvögel (Fasan, Rebhuhn, Wachtel) und selten Wassergeflügel.

 

Der Erreger aviäres Paramyxovirus (PMV) Typ 1 wird über die Atemluft, direkten Kontakt mit infizierten Tieren sowie bei der Nahrungsaufnahme aufgenommen. Er wird in großen Mengen über Kot, dem Nasen-, Rachen- und Augensekret und mit den Eiern ausgeschieden. Auch eine indirekte Übertragung über Geräte, Futter, Einstreu, Schlachtabfälle und Personen, die mit dem Virus in Berührung gekommen sind, ist möglich. Zukäufe von Tieren, die das Virus ausscheiden, ohne Krankheitssymptome zu zeigen, stellen ein großes Eintragsrisiko dar.

 
Symptome:

Die Zeit von der Ansteckung bis zum Auftreten von Krankheitssymptomen (Inkubationszeit) dauert 3 - 6 Tage. Die ND kann in verschiedenen Verlaufsformen auftreten:


- Rascher, rasanter (velogener) Verlauf:

  • Perakut
  • Verenden ohne Krankheitserscheinungen, andere Tiere schwach, teilnahmslos.
  • Die Todesrate beträgt bis zu 90 %.


- Mittlerer (mesogener) Verlauf:

  • Subakut oder akut
  • Fieber bis 43° C, Mattigkeit, Schläfrigkeit, gänzliches Verweigern von Futter- und Wasseraufnahme, Atemnot, grünlich - wässriger Durchfall, Durchblutungsstörungen mit Blaufärbung des Kammes, Niesen, Röcheln, gesträubtes Gefieder.,
  • Einbrechen der Legeleistung, kleinere Eier, Störung der Eierschalenbildung, wässriges Eiweiß.
  • hohe Anteil an erkrankten Tieren in der Herde, Sterblichkeit innerhalb von 5 Tagen zwischen 5 und 50 %.
  • Krankheitsdauer meist mehrere Wochen, bei Überleben zentralnervöse Störungen (z. B. Lähmungen der Bein- und Halsmuskulatur, Halsverdrehen).


- Langsamer (lentogener) Verlauf:

  • Vorübergehende Appetitlosigkeit, milde oder fehlende Symptome der Atemwege, Futteraufnahme und Legeleistung kurzfristig rückläufig, leichter Durchfall.
  • Fast keine Todesfälle.
 
Zoonosepotential:


Für den Menschen ist die Newcastle-Krankheit ungefährlich.


Infektionen des Menschen sind selten. In erster Linie sind Geflügelhalter, Laborpersonal und Tierärzte betroffen. Es kann zu einer 3-4 tägigen Bindehautentzündungen und zu Allgemeinsymptomen mit Frösteln, Kopfschmerzen und leichtem Fieber kommen. Menschen infizieren sich über die Luft oder über die Bindehäute nach direktem Kontakt zu infiziertem Geflügel. Tierärzte und Geflügelhalter können sich an Impfvirus, das für Hühner ungefährlich ist, z.B. beim Auflösen des Lebendimpfstoffes (Trinkwasserimpfung) oder bei der Anwendung von Sprayimpfstoffen infizieren. Geflügelbestände können bis zu15 Tagen nach der Impfung mit Lebendimpfstoff das Impfvirus ausscheiden und eine Infektionsquelle für den Menschen darstellen (Quelle: „Zoonosen“ von Bauerfeind, Kimmig, Schiefer, Schwarz, Slenczka und Zahner).

 
Diagnostik:


Für die Diagnosestellung ist ein Virusnachweis notwendig. Kotproben, Kloaken- oder Luftröhrentupfer (für die Virologie geeignete kommerzielle Tupferentnahmesysteme) und ganze Tierkörper von kürzlich verendeten oder getöteten Tieren können eingesandt werden. (Auf Kühlung während des Transportes ist zu achten.)


Der Nachweis erfolgt durch Virusisolierung (Dauer: 3 – 7 Tage). Spezifische molekularbiologische Methoden (PCR-Verfahren) geben lediglich einen Hinweis auf den Erreger. Im Falle einer APMV-1-Isolierung erfolgt eine weitere Charakterisierung und Virulenzbestimmung am Nationalen Referenzlabor für ND, Friedrich-Loeffler-Institut – Insel Riems. Nur die Infektionen durch mittelgradig virulente (mesogene) und hochvirulente (velogene) APMV-1 Virusstämme unterliegen den gesetzlichen Regelungen.

 

In der pathologischen Untersuchung der Tierkörper können u. a. folgende Veränderungen festgestellt werden: Blutungen im Kehlkopfbereich, in der Luft- und Speiseröhre sowie im Drüsenmagen je nach Verlaufsform in unterschiedlicher Ausprägung. In schweren Fällen hochgradige Entzündung der vorgenannten Organe.

 
Bekämpfung:


Bei der ND handelt es sich um eine anzeigepflichtige Tierseuche.


Die ND wird nach der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (aufgehoben durch Verordnung vom 18.10.2007) und die Newcastle-Krankheit (Geflügelpest-Verordnung) vom 20.12.2005 bekämpft. Sie richtet nicht nur bei den erkrankten Tieren selbst großen Schaden an, sondern führt auch zu schweren wirtschaftlichen Folgen für Tierhalter und ganze Regionen.


Sollte ein Verdacht auf Newcastle-Krankheit bestehen, muss dies sofort dem zuständigen örtlichen Veterinäramt mitgeteilt werden. Verdächtig sind o. g. Krankheitserscheinungen, die bei mehreren Hühnern oder Puten gleichzeitig oder in kurzen Abständen mit ähnlichen Anzeichen auftreten. Zur Überprüfung des Verdachtes auf Newcastle-Krankheit entnehmen die Veterinärbehörden Proben. Diese werden zur Untersuchung in spezielle amtliche Labore gebracht.

 

Bestätigt sich der Verdacht nach der Untersuchung der Proben, werden vor Ort Maßnahmen für den Seuchenbetrieb und großräumige Sperren um den Bestand angeordnet. Da der Mensch die Seuche übertragen kann, gilt: im Seuchengebiet unbedingt an die amtlichen Maßnahmen halten, um ein Ausbreiten der Seuche zu verhindern. Aufgrund von Handelsbeschränkungen kommt es zu schwerwiegenden Problemen im Absatz von Tieren und ihren Produkten auf dem Markt.

 
Rechtsgrundlagen:
  • Richtlinie 92/66/EWG vom 14. Juli 1992 über Gemeinschaftsmaßnahmen zur Bekämpfung der Newcastle-Krankheit, in der Fassung vom 01.05.2004
  • Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest und die Newcastle-Krankheit (Geflügelpest-VO) in der Fassung vom 23. Dezember 2005
  • Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen in der jeweils gültigen Fassung

 

 

Stand 11.01.2021