Kritik an Einsparung des Bundes bei Integrationskursen
Landkreis Gießen und Hessischer Volkshochschulverband fordern Änderung im Haushaltsentwurf
Spracherwerb, Kenntnisse über Gesellschaft, Kultur und Rechtsstaat: Integrationskurse sind elementar für Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund, die nach Deutschland kommen. Sie sind unverzichtbar für einen Einstieg in Beruf und Ausbildung und eine Integration in die Gesellschaft. Die Volkshochschulen gehören bundesweit gerade im ländlichen Raum zu den wichtigsten Anbietern dieser Kurse. Nun sehen die Volkshochschulen und deren Träger jedoch den Fortbestand der Kurse in Gefahr: Im Entwurf des Bundeshaushalts 2025 sind nicht einmal mehr die Hälfte der bisherigen Mittel dafür eingeplant – bei nahezu gleichbleibendem Bedarf.
In einer gemeinsamen Stellungnahme haben nun der Hessische Volkshochschulverband und der Landkreis Gießen mit seiner Volkshochschule die Kürzungspläne des Bundes deutlich kritisiert. „Hier klafft eine große Lücke zwischen dem politisch ausgesprochenen Integrationsziel der Bundesregierung und den bereitgestellten Mitteln“, sagte Landrätin Anita Schneider, die auch die zuständige Dezernentin der vhs ist, in einem gemeinsamen Pressegespräch.
Allein in diesem Jahr haben bisher 550 Menschen an den Modulen der Integrationskurse der vhs des Landkreises teilgenommen, die mit einer Prüfung enden. Bereits jetzt ist die Teilnahme je nach Ort und bevorzugter Zeit mit teilweise mehrwöchigen Wartezeiten verbunden. Stünde mehr Lehrpersonal bereit, wären auch mehr Kurse möglich, erklärten Torsten Denker, Leiter der Kreisvolkshochschule, sowie Dr. Iris Korte-Klimach, Leiterin des Bereichs Sprachen und Integration. Insbesondere für die Vorbereitung eines Einstiegs in den Arbeitsmarkt ist der Spracherwerb von größter Bedeutung – auch vor dem Hintergrund eines erheblichen Fachkräftemangels vor allem im Gesundheitssektor, aber auch in der Baubranche und anderen Bereichen.
Landrätin Schneider: Einsparung am falschen Ende
Um bundesweit Integrations- und Berufssprachkurse im kommenden Jahr bedarfsgerecht anbieten zu können, sind mindestens 1,7 Milliarden Euro erforderlich, rechnet der Deutsche Volkshochschulverband. Im Haushaltsentwurf des Bundes seien allerdings nur 810 Millionen Euro vorgesehen.
Dr. Christoph Köck, Direktor des Hessischen Volkshochschulverbandes, hofft auf eine rasche Änderung durch die Bundespolitik. Insbesondere mit Blick auf die nun zunächst bevorstehende Bundestagswahl und eine neue Bundesregierung sei es notwendig, frühzeitig Sicherheit zur weiteren Planung zu erhalten. Schließlich geht es auch um verbindliche Personalplanung.
Landrätin und vhs-Dezernentin Anita Schneider bezeichnet eine Kürzung der Bundesmittel für die Sprachkurse ohnehin als eine Einsparung am falschen Ende. Der Spracherwerb sei Bedingung für eine Integration in den Beruf und die gesellschaftliche Integration. Fehle dafür das Angebot, seien die sozialen Folgekosten weit höher als die durch den Bund beabsichtigte Einsparung. Für den Landkreis Gießen hat die Landrätin bereits die heimischen Bundestagsabgeordneten angeschrieben, um auf diese Situation aufmerksam zu machen.