Präsident des Landesamts für Denkmalschutz lobt außergewöhnliches Vorhaben in Grünberg
Durch stärkere Vernetzung mit ähnlichen Projekten und Mitstreitern soll das zukünftige Altbauberatungszentrum (Albiz) des Landkreises belebt werden
„Ein großartiges Projekt“, lobte Prof. Dr. Markus Harzenetter, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, das Altbauberatungs- und Informationszentrum (Albiz), als er sich kürzlich ein Bild von den Umbauten eines der ältesten erhaltenen Häuser in Grünberg machte. In der Barfüßergasse, in der Nähe des Diebsturms, realisiert der Landkreis Gießen gemeinsam mit der Stadt Grünberg ein außergewöhnliches Vorhaben in Sachen Denkmalschutz: Aus einem besonderen, aber stark sanierungsbedürftigen Baudenkmal, Baujahr um 1444, wird unter Beteiligung etlicher Handwerksspezialisten ein öffentlicher Ort entstehen. Hier finden Interessierte nach Eröffnung des Albiz niedrigschwellig fachliche Unterstützung zum breiten Themenbereich „Sanierung im Bestand“.
Christian Zuckermann, im Landkreis Gießen Dezernent für Denkmalschutz, umriss bei der Begehung der Baustelle kurz das Ziel: „Hier soll eine Anlaufstelle für all jene sein, die eine Altbau-Sanierung in Angriff nehmen möchten und dafür Beratung benötigen oder auf der Suche nach passenden Handwerksbetrieben sind. Dabei ist es zweitrangig, ob es sich um ein Baudenkmal handelt oder nicht. Aber selbstverständlich sollen bei der unabhängigen Beratung auch die besonderen Aspekte von Baudenkmälern berücksichtigt werden.“
Offene Schaubaustelle zeigt historische Baudetails
Im Obergeschoss wird man die Geschichte des Gebäudes zumindest in Teilen erkennen können. Denn Wände, Decken und Böden sollen nicht verkleidet werden. So können Besucher:innen Details im Aufbau und den verwendeten Materialien erkennen, was möglicherweise für die eigenen Sanierungsvorhaben von Bedeutung sein kann.
„Beim Umbau wurde vieles deutlich, was zuvor unter Putz oder hinter Anbauten versteckt war. So wissen wir noch gar nicht, welche historischen Elemente wir erhalten können. Denn gerade bei einem öffentlichen Gebäude müssen wir uns auch an die Auflagen halten und so manches mal umplanen“, erklärte Charlotte Bairstow, Leiterin der Unteren Denkmalbehörde.
So wird zum Beispiel ein sehr großes Fenster, welches erst in jüngerer Zeit in das mittelalterliche Gebäude eingebaut wurde, zukünftig als Fluchtweg genutzt werden müssen. Ein anderer Raum im Obergeschoss besitzt nach heute geltender Norm eine zu geringe Deckenhöhe für einen Raum, der als Büroraum genutzt werden soll. Und so müssen eben Kompromisse zwischen Idealen des Denkmalschutzes und aktuellen Maßgaben gefunden werden.
„Unfassbar viel Baugeschichte“ auf wenigen Quadratmetern
Mit Blick auf zahlreiche Um- und Anbauten, die den mehrfachen, über Jahrhunderte andauernde Umnutzungen des Gebäudes geschuldet sind, drückte Markus Harzenetter die oft herausfordernde Situation positiv aus: „Sie haben es hier mit unfassbar viel Baugeschichte zu tun.“ Charlotte Bairstow entgegnete augenzwinkernd: „Ja, es ist auch ein bisschen eine Lehrbaustelle für die UDB“.
Tatsächlich sind das Gebäude, seine Statik, das Kellergewölbe und vor allem der Dachstuhl auch eine interessante Anlaufstelle für zukünftige Bauingenieur:innen. Denn schon häufiger haben Student:innen vor Ort gestaunt und Berechnungen angestellt und nachvollzogen.
Vermietung einzelner Räume soll Finanzierung stützen
Nach dem Konzept für den Betrieb gefragt, erläuterte Christian Zuckermann, dass der Landkreis Gießen für die ersten Jahre Träger des Albiz sein wird. Angedacht sei, Büroräume thematisch passend zu vermieten, so dass beispielsweise Fachbetriebe in ihren Geschäftsräumen direkt beraten können. Außerdem werden die Mitarbeiterinnen der UDB selbst an ausgewählten Tagen vor Ort sein und von Grünberg aus arbeiten, das Albiz-Projekt vorstellen und für niedrigschwellige Beratung bereitstehen.
Zudem sei schon von Beginn an geplant gewesen, regelmäßig unterschiedliche Angebote zum Themenspektrum zu bieten. So wird die große Halle im alten Eingangsbereich und die Scheune für Workshops, Vorträge, oder Ausstellungen nutzbar sein, erläuterte Christian Zuckermann und erwähnte in diesem Zusammenhang auch die Idee, Seminarräume zu schaffen, die für Tagungen gemietet werden können.
Mit ähnlichen Projekten in der Region zusammenarbeiten
Landeskonservatorin Dr. Verena Jakobi, Leiterin der Abteilung Bau- und Kunstdenkmalpflege im Landesamt für Denkmalpflege, schlug eine Vernetzung mit anderen, ähnlichen Projekten in Mittelhessen vor. Außerdem seien gemeinsame Veranstaltungen oder Ausstellungen denkbar, sobald das Albiz nutzbar ist.
Charlotte Bairstow zeigte sich begeistert vom Interesse aus Wiesbaden. Auf eine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Landesamt und anderen Denkmalschutz-Projekten freuten sich daher die Verantwortlichen im Landkreis Gießen sehr.