Ab sofort weniger Bürokratie im Denkmalschutz
Anträge können direkt von der Unteren Denkmalbehörde entschieden werden – ohne Umweg über das Landesamt
Jede denkmalrechtliche Genehmigung, die der Landkreis Gießen bislang erteilt hat, lief im Zuge des Verfahrens auch über das Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Bis jetzt. Ab sofort entscheiden in vielen Fällen die Denkmalpflegerinnen der Unteren Denkmalschutzbehörde selbst verbindlich über eingereichte Anträge. Eine neue Vereinbarung auf Initiative des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen macht es möglich.
Landrätin Anita Schneider und Denkmalschutz-Dezernent Christian Zuckermann haben die Vereinbarung für den Landkreis Gießen unterschrieben, die schnellere Entscheidungen in vielen Fällen ermöglicht. Die entsprechenden Genehmigungsverfahren sind somit insgesamt unkomplizierter. Dies dürfte alle freuen, die ein denkmalgeschütztes Gebäude haben und daran Veränderungen vornehmen möchten.
Landesamt versichert generelles Einvernehmen in bestimmten Fällen
Das hessische Denkmalschutzgesetz sieht grundsätzlich vor, dass dem Landesamt für Denkmalpflege jeder Antrag zur Zustimmung vorgelegt werden muss. Durch die neue Vereinbarung versichert das Landesamt sein generelles Einvernehmen für bestimmte Fälle.
Vor Ort kann die UDB deswegen nun selbst über Maßnahmen entscheiden, bei denen keine steuerlichen Vorteile nach dem Einkommenssteuergesetz geltend gemacht werden können. Insbesondere können somit Anträge zu Photovoltaik- oder Solaranlagen unmittelbar in Gießen entschieden werden, außerdem Anträge zur Umnutzung eines denkmalgeschützten Gebäudes oder kleinere bauliche Veränderungen, die von außen kaum sichtbar sind. Auch über Neubauten in der Nähe von Kulturdenkmälern oder in denkmalgeschützten Gesamtanlagen kann die Untere Denkmalschutzbehörde ohne Rücksprache mit der Fachbehörde des Landes entscheiden.
Mehr Verantwortung für die Untere Denkmalschutzbehörde
„In erster Linie baut die jetzt geschlossene Vereinbarung Bürokratie ab“, sagt Christian Zuckermann, „die neue Regelung überträgt der Unteren Denkmalschutzbehörde mehr Verantwortung, weil das bisher in jedem Fall verpflichtende Vier-Augen-Prinzip wegfällt. Da in der Kreisverwaltung Gießen fachlich hervorragende und zudem erfahrene Dankmalschützerinnen tätig sind, wird der Denkmalschutz im Gießener Land dennoch auch zukünftig sensibel und praktikabel modern gelebt“, ist er sich sicher.
Die Beratungen und Aussagen der drei Mitarbeiterinnen der UDB gewinnen an Verbindlichkeit, was sicherlich auch zu mehr Wertschätzung seitens der Bauherr:innen führen wird, meint er mit Blick auf bürgerfreundliche Verfahren: „Menschen, die zum Beispiel ein denkmalgeschütztes Gebäude modernisieren oder anderweitig nutzen möchten, treffen bei der Antragstellung auf entscheidungskräftige Mitarbeiterinnen. Sie müssen mit ihren Bauvorhaben nicht mehr länger auf die denkmalrechtliche Genehmigung warten.“
Er hofft, dass durch die Entbürokratisierung nun einige Bauwillige bislang immer wieder verschobene Vorhaben doch endlich angehen, weil dadurch historische Ortskerne als Wohnorte attraktiver werden. „Denkmalschutz soll ja modernes Wohnen fördern, und einhergehen mit der erforderlichen Wiederbelebung unserer Dörfer und Städte. Auch die Nutzung von erneuerbaren Energien soll im Denkmal selbstverständlich mühelos möglich sein“, sagt der Grünen-Politiker.
Neue Vereinbarung bietet Win-Win-Situation für beide Behörden
Prof. Dr. Markus Harzenetter, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen hob hervor, der Abschluss dieser Verwaltungsvereinbarung sei ein wichtiger und konstruktiver Beitrag für ein bürgerfreundliches Miteinander im Denkmalschutz. Die Verwaltungsvereinbarung sei eine Win-Win-Situation für beide Behörden, denn sie ermögliche es den Bezirksdenkmalpflegerinnen und Bezirksdenkmalpflegern im Landesamt für Denkmalpflege Hessen, sich intensiver als bislang um fachliche Fragen des Denkmalschutzes und Bauvorhaben von besonderer fachlicher und wissenschaftlicher Bedeutung zu kümmern.
Ronja Rothweiler, die für den Landkreis Gießen zuständige Bezirksdenkmalpflegerin vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen verwies auf die ohnehin enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises. Sie dankte für das Engagement des Kreises, der sich bei der Vereinfachung von Verfahren aktiv eingebracht habe.
Neben dem Landkreis Gießen haben auch andere Landkreise und Kommunen die Möglichkeit, derartige Vereinbarungen zu schließen. Diese Möglichkeit hat ihnen das Land Hessen zur „Vereinfachung von Verwaltungsverfahren“ eingeräumt.